by Qin Liwen published on 24th November 2022 in Fuchsbriefe
Mit der Hafenbeteiligung in Hamburg wird China Zugang zu kritischen Daten Europas erhalten. Obwohl China keinen direkten Zugriff auf die IT-Infrastruktur bekommt, wird es viele Daten sammeln können. Immerhin 90% der Importe nach Europa kommen auf dem Seeweg. Hamburg ist der drittgrößte Containerhafen in Europa und wickelt einen großen Teil dieser Importe ab.
Die Daten sind wertvoll. Welche Ladungen transportiert werden, wie sie ankommen, wohin sie gehen, wie die Logistik funktioniert, darunter die Anschlusstransporte ins deutsche Hinterland – all diese Daten werden vom Hamburger Hafen gesammelt und verarbeitet.
Die Logistik-Daten sind auch von strategischer Bedeutung. Im Falle einer geopolitischen Konfrontation hätte China gute Informationen darüber, wo Engpässe in Deutschland und sogar in Europa liegen. China hat schon bewiesen, dass es in geopolitischen Konflikten nicht zögert, seine Geschäfte als Waffe einzusetzen. Im Jahr 2017 blockierte Griechenland eine EU-Erklärung zu Chinas Menschenrechten bei den Vereinten Nationen, nachdem COSCO im Jahr zuvor eine Beteiligung (51%) an Griechenlands größtem Hafen erworben hatte.
Die Beteiligung von COSCO wird mittelfristig auch die Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Reedereien erhöhen. Reedereien bevorzugen eigene Schiffe oft bei der Abfertigung, wenn sie Anteile an einem Hafen besitzen. Dies wird zu einer höheren Effizienz chinesischer Reedereien führen, die ihre Marktanteile ausbauen dürften.
China weiß um die strategische und sicherheitspolitische Bedeutung von Häfen und deren Daten. Darum lässt es selbst nicht zu, dass fremde Länder seine Häfen besitzen. In der Zwischenzeit hat China seine Kontrolle über die Häfen der Welt dagegen rasch ausgeweitet und spielt die europäischen Länder gegeneinander aus. Chinesische Reedereien haben Anteile an mehr als 100 Häfen in 63 Ländern der Welt erworben. Darunter waren auch 13 europäische Häfen (z.B. Rotterdam, Antwerpen).
Hintergrund: Hätte COSCO sein Ziel erreicht, einen Anteil (35%) am Hamburger Terminal (Tollerort) zu erwerben, hätte es sogar einen Generaldirektor ernennen und chinesische Technik-Anbieter für die digitale Infrastruktur des Hafens auswählen können. Das hätte chinesischen Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, den Betrieb des Hafens direkt zu kontrollieren oder bei einem Konflikt auch zu stören. Zumindest diese Machtstellung ist durch die Teiluntersagung aus Berlin abgewendet.
Fazit: China verfolgt eine strategische Linie und positioniert sich an logistischen Schaltstellen der Weltwirtschaft. Die Beteiligung am Hamburger Hafen ermöglicht China einen tiefen Einblick in wichtige Logistik-Daten. Das birgt erhebliche Risiken.